Am südlichsten Bahnhof Italiens gibt’s zwei Gleise und Bahnsteige, ein Stationsschild und sonst nichts. Das eindrucksvolle durchaus vertrauenserweckende Empfangsgebäude aus massivem Kalkstein ist abgesperrt, einen Fahrkartenschalter gibt es nicht, noch nicht einmal einen Automaten.
Am Bahnhof gibt’s keinen Fahrkartenautomat. Nichts. Keinen Fahrkartenschalter, nichts: nur das Kalksteigebäude, zwei Gleise, zwei Bahnsteige.
Wir sind nicht die einzigen Menschen, die dort warten, da ist noch ein älteres Paar mit schweren Koffern – ihren Gepäck-Anhängern nach zu urteilen kommen sie wohl aus Australien. Nach und nach kommen noch mehr Leute hinzu, die meisten mit schwerem Gepäck; offenbar ist heute früh schon eine Fähre aus Malta angekommen.
Der Lautsprecher beginnt zu schnarren, erst auf italienisch, dann auf englisch, beides komplett unverständlich. Anscheinend wird irgendwo gestreikt und es soll Verspätungen geben, aber ob das jetzt genau diesen unseren Zug betrifft, ist nicht klar. Niemand weiß Bescheid. Irgendwer macht den Vorschlag, mit dem Bus zu fahren, aber der Bus sei gerade weg und der nächste geht erst in zwei Stunden. Dann kommt eine weitere Durchsage, jetzt geht es tatsächlich um diesen unseren Zug, der habe zwanzig Minuten Verspätung. Der Lautsprecher knackt erneut und es gibt noch eine Durchsage. Das Einzige, was ich verstehe, ist die „Linea gialla“, die gelbe Linie, die man nicht übertreten darf, wenn der Zug einfährt. Gibt es also Grund zur Hoffnung?
Alle Passagiere reihen sich artig auf dem handtuchbreiten Mittelbahnsteig auf und dort sind doch tatsächlich ein paar Zentimeter von den Kanten zwei gelbe Linien markiert. Und dann materialisiert sich, wie durch ein Wunder, ein schraddeliger blauer Triebwagenzug.