Ich will zum Schloss Miramare. Dahin kommt man mit dem Bus, und die Tickets muss man vorab in einem Tabakladen oder Kiosk erwerben. An der Piazza Oberdan – dort, wo normalerweise die berühmte Straßenbahn abfahren würde, wenn sie denn fahren würde – gibt es einen Kiosk. Ich erwerbe eine Handvoll Tickets und mache mich auf die Suche nach einem passenden Bus. Ein paar Ecken weiter, direkt vor einer Bar, ist ein Haltestellenschild. Der Bus Nr. fährt im Viertelstundentakt nach Miramare und da stehen auch schon ein paar Leute, die offenbar dahin wollen. Aber noch ist Zeit für einen Espresso im Stehen.
Als ich den ausgetrunken habe, ist immer noch kein Bus in Sicht und als dann endlich einer aufkreuzt, ist er brechend voll. Sobald die Uferpromenade in Sicht gekommen ist, steige ich wieder aus.
Von hier aus kann man gemütlich am Meer entlang spazieren, das Schloss immer im Blick.
Dann kommt eine Strandbar – trotz der relativ frühen Stunde schon gut besucht. Am Eingang muss man – selbstverständlich mit Maske – warten, bis ein Tisch frei wird. Ich ordere einen Espresso im Stehen und ohne warten an der Bar.
Weiter geht’s, an Badestellen und Strandlokalen vorbei, hier und dort sieht man sogar vereinzelt noch Leute in Badekleidung, überwiegend Damen im Rentenalter.
Ich erreiche den Eingang zum Schlosspark. Nein, diesmal bin ich nicht allein, es scheint, als habe sich halb Triest an diesem sonnigen Samstagmorgen hier versammelt. Vor dem Schloss selbst ist eine lange Warteschlange. Ich schlendere über die Schlossterrasse und an dem verwunschenen Hafenbecken vorbei durch den wunderschönen Park, der groß genug ist um einander aus dem Weg zu gehen. Nachdem ich viel zu viele Fotos gemacht habe, lasse ich mich auf einer Bank nieder und will einfach einen Gang runterschalten, mir Zeit nehmen.
Im Café trinke ich einen Cappuccino – auch hier bin ich natürlich nicht allein, interessanterweise sind hier ziemlich viele Österreicher unterwegs, die meisten von ihnen mit Wiener Akzent. Ich erinnere mich an den am Rande des Schlossparks und habe die Idee, von dort aus mit dem Zug zu fahren – aber dann verlaufe ich mich, lande erst auf irgendwelchen Trampelpfaden und dann vor einem verschlossenen Tor direkt an der Hauptverkehrsstraße und bin ziemlich genervt.
Aber warum? Durchatmen! Runterschalten! Ich befinde mich immer noch in diesem wunderschönen Park, entdecke einen fast menschenleeren Teil mit hohen Sequoia-Bäumen und finde dann die Treppen, die hinunter an die Bucht von Gignano führen. Hier gibt es ein paar Lokale und eine Marina für Segelboote, außerdem die Endhaltestelle für den Bus zurück nach Triest.
Ich fahre stadteinwärts, lande am Mole Audace und schlendere weiter durch die Stadt und esse eine Kleinigkeit. Das Leben findet draußen statt, auch bei fröstelnden 12 Grad und die Einheimischen tragen auch bei über 20 Grad noch Jacken. Welche Geheimnisse birgt diese Stadt sonst noch? Wie entdecke ich sie?
Ich suche den Anleger für die Fähre nach Muggia. Wo fahren diese Boote los? Im Hafengebiet nördlich des Canal Grande ist bloß ein riesengroßer Parkplatz. Ich gehe zurück zum Busbahnhof – der Bus Nr. 20 geht nach Muggia, einer fährt gerade ohne mich los und den nächsten nehme ich dann.
Es wird eine lange Fahrt, zunächst durch die Innenstadt und dann durch endlose Industrie- und Hafengebiete und dann um das südliche Ende der Bucht herum bis kurz vor die slowenische Grenze.
Muggia ist eine Welt für sich. Im kleinen Hafen liegen Segelboote und Fischkutter nebeneinander, dahinter liegt ein kleiner Ortskern mit engen Gassen um eine Piazza mit Kirche und Rathaus herum.
In einem kleinen Café am Hafen trinke ich einen Espresso und schaue Touristen und Einheimischen beim Nichtstun zu.
Wie komme ich wieder zurück nach Triest? Am einfachsten natürlich mit dem Bus. Aber das wäre langweilig. Ich will unbedingt mit dem Boot fahren. Aber wo finde ich das?
Ganz hinten an der Hafenmole steht ein völlig unscheinbares Schild mit einem Fahrplan. In zwanzig Minuten ist die nächste Abfahrt. Aber wo ist das Boot? Müsste man es nicht dann schon irgendwo auf dem Wasser sehen können? Oder kommt da nicht tatsächlich etwas vom anderen Ende der Bucht herübergeschippert? Tatsächlich!
Pünktlich auf die Minuten legt der Kahn hier an und ich steige ein. Gemütlich schippere ich über die Bucht, während die Sonne gerade ganz romantisch untergeht und auf der anderen Seite, über den Bergen der Mond aufgeht. In Triest steuert das Boot die Stazzione Marittima an – die riesige Anlegestelle für die Kreuzfahrtdampfer, und da liegt auch noch ein riesiges Kreuzfahrtschiff, welches gerade ablegt und sich langsam in Bewegung setzt, während das kleine Bötchen dazwischen durch flitzt und irgendwo an der Kaimauer, an einer völlig unmarkierten Stelle anlegt, nirgendwo ein Schild, nirgendwo ein Fahrplan. Da hätte ich ja lange suchen können!
Ich gehe langsam am Hafen entlang durch die Stadt zur Piazza de la Unita de Italia, setze mich in das Lokal, wo ich gestern Abend schon einmal war – ich erkläre es nun kurzerhand zu meinem Stammlokal und ordere einen Aperol. Den habe ich mir jetzt verdient.