Ich habe noch Zeit und gönne mir am Bahnhof einen Cappuccino. Da hängt ein Schild, welches darauf hinweist, dass man einen „Green Pass“ braucht, wenn man sein Getränk drinnen zu sich nehmen will, aber für draußen gilt das wohl nicht und man berechnet mir trotzdem nur den billigeren „Theken-Preis“.
Der Zug kommt pünktlich und dann geht es wie in einer U-Bahn durch Tunnel an der Küste entlang, nur hin und wieder unterbrochen von den Cinque-Terre-Dörfern, deren Bahnhöfe sich im Freien zwischen den Tunnelportalen befinden.
In La Spezia sieht man Hafenkräne und dann führt die Strecke weiter landeinwärts, statt Meer sieht man jetzt die weißen Marmorgipfel der Apuanischen Alpen.
In Pisa habe ich eine Viertelstunde zum Umsteigen. Durchsagen erinnern an den Impfnachweis, den man in allen Fernzügen benötigt und auf den Bahnsteigen wie auch innerhalb der Züge gibt es „Einbahnstraßensysteme“, an die sich aber nicht Alle halten.
An die Maskenpflicht hingegen hält man sich, Viele tragen irgendwelche schicken Mode/Designer-Artikel, zumindest die jüngeren Frauen haben die Masken in ihr Outfit integriert.
Weiter geht’s im blauen Doppelstock-Regionalexpress durch die Arno-Ebene. Plötzlich fällt mir siedend heiß ein, dass ich streng genommen gerade schwarz fahre, obwohl ich ein gültiges Ticket erworben und dieses auch dabei habe. Aber in Italien muss man jedes Ticket vor Fahrtantritt abstempeln. Das weiß ich und habe ich in Levanto auch getan. Aber mein Ticket besteht aus zwei Teilen, zwei Papiere, die zusammengetackert sind: das IC-Ticket von Levanto nach Pisa und dann das Regionalzug-Ticket von Pisa nach Siena. Beim Umsteigen in Pisa hätte ich nochmals stempeln müssen, daran habe ich in der Hektik nicht gedacht. Wenn jetzt ein Schaffner kommt, könnte es Probleme geben.
Zum Glück kommt keiner.
Ich steige in Empoli um. Früher war das ein staubiger Middle-of-Nowhere-Bahnhof, sonnendurchglüht und nix los. Jetzt ist da richtig heftiges Gewusel, ich habe aber auch nur 5 Minuten um Umsteigen, entdecke am Bahnsteig einen Stempelautomaten, aber der funktioniert nicht, dann halt egal, jetzt schnell durch die Unterführung zum Bahnsteig 3, der Zug geht in 3 Minuten. Da steht noch ein Stempelautomat und der funktioniert.
Der Zug steht da, ein blauer Nahverkehrstriebwagen, innen blaue Kunstledersitze und ziemlich voll. Ich nehme Platz auf einer halbrunden Sitzbank in Längsrichtung nahe beim Wagonübergang, gegenüber ein deutsches Paar. Insgesamt viele Schüler, ein paar Touristen mit Gepäck. Erster Halt Ponte a Elsa, der junge Schaffner steigt aus und raucht seine E-Zigarette. Dann kommt der Gegenzug und kurz darauf geht es weiter, in gemächlichem Tempo.
Gegen halb drei komme ich in Siena an, finde mein Hotel und mache mich auf den Weg in die Stadt.
Siena ist eine der schönsten und faszinierensten Städte Italiens, eine der Städte die mich am meisten beeindruckt hat. Ich schlendere durch mittelalterliche Gassen, staune und fotografiere, gönne mir ein Eis und dann einen Aperitivo auf der legendären Piazza del Campo.