Ich bin in Narvik.
Um sechs Uhr wach geworden, eingeschlafen, wach geworden, eingeschlafen, wach geworden, aufgestanden.
Ich schaue nicht auf die Uhr. Vielleicht halb acht? Draußen bedeckter Himmel. Duschen Anziehen, wichtigste Sachen in den Ricksack werfen, zu Fuß durch die Stadt zum Autoverleih. Auto entgegen nehmen.
Wie zu erwarten haben sie keine kleinen Autos, ich bekomme einen großen Nissan Geländewagen. Worauf warte ich noch? Ich fahre los! Tempomat einstellen…. die E6 am Fjord entlang, über die Brücke die ich gestern vom Zug aus von oben gesehen habe, ich bin noch zu sehr mit dem Auto und den Verkehrsregeln beschäftigt um auf die Landschaft zu achten. Weg vom Meer, eine Hochebene, hier ist sogar ein kleines Stück lang Tempo 90 erlaubt (worauf mich der Mensch vom Autoverleih hingewiesen hat). Irgendwo in der Provinz ein Flughafen. Dahinter eine Tankstelle, da stehen zwei Anhalter mit Rucksäcken. Ich nehme sie mit, sie sind deutsche Muskiker, die in Kopenhagen an der Oper arbeiten, hierher geflogen sind und jetzt zehn Tage lang mit Rucksack und Zelt unterwegs sind – allerdings mit Mietwagen, den sie allerdings ein Stück weiter abholen müssen. Ich lasse sie an einer Kreuzung raus…. jetzt fange ich an, mich auf die Landschaft zu konzentrieren, will irgendwo ans Ufer, finde einen Hotel-Parkplatz. Weißer Strand. Muscheln, Seeigel. Es riecht tatsächlich nach Meer. Eine Familie, ein Kind sammelt Muscheln. Weiter. Halte wieder irgendwo an, quer durch die Wiese hinunter um ein Photo zu machen. Weiter gefahren: Landschaftskino, Landschaftsrausch. Ein Stück blauer Himmel lugt hervor.
Ein weiterer Halt irgendwo am Meer: Kleine Halbinsel-Felsenklippe mit ein paar Bäumen drauf und Felsen, am Anfang hat ein Paar ein Zelt aufgebaut, baut es jetzt ab. Ich klettere ein wenig herum und mache Photos…
Henningsvaer, Lofoten: ….und dann bricht die Sonne durch!
Ich fahre über eine kurvige Küstenstraße und hinter jeder Biegung offenbaren sich neue Ausblicke, eine spektakulärer als der Anderer. Henningsvaer liegt auf einer vorgelagerten Insel und ist mit der Hauptinsel über mehrere Brücken verbunden: ein wunderschöner Ort aus bunten Holzhäuschen, Boote tuckern über das Wasser, hohes Gras und Wildblumen wachsen in den Gärten.
Und plötzlich ist der Himmel strahlend blau und das Licht so wunderbar-golden-kitschig, dass einem die Worte fehlen.
Am Südende der Insel stehen Stockfisch-Trockengerüste mit Fischen darauf, es erinnert an Hopfen-Gestelle oder Weinbau und plötzlich wirkt alles so südländisch-heiter obwohl ich so weit hoch im Norden bin wie nie zuvor.
Am Dorfplatz trinke ich einen Kaffee. Es ist warm und alles ist einfach nur perfekt.
Fahrt durch die Mitternachtssonne auf den Lofoten
Langsam fahre ich die Küstenstraße zurück, an Kabelvag und Solvaer vorbei landeinwärts, immer wieder Photopausen machend, durch den Tunnel unter dem Meer und weiter… Inzwischen geht es auf elf Uhr abends zu, es ist taghell und das Licht ist einfach nur wunderbar, mild, sanft wie am frühen Abend. Hinter jeder Ecke bieten sich neue tolle Ausblicke. Hinter einer Brücke parkt ein Wohnmobil mit Münchener Kennzeichen, ein Rentner steigt aus, er will noch angeln gehen und ist genauso aufgedreht und euphorisch wie ich. Ich zwinge mich, weiter zu fahren obwohl ich eigentlich an jeder Ecke anhalten und Bilder machen will. Die Sonne steht im Norden und strahlt die schneebedeckten Berge an. Es ist wunderbar still. Ich merke, dass ich müde werde, obwohl ich immer noch aufgekratzt bin. Gegen zwei Uhr früh bin ich in Narvik zurück.