Was gibt’s in Lüttich zu sehen? „Die Zitadelle“, sagt Google, oder vielmehr: der Blick von dort hinunter auf die Stadt. Vom Bahnhof Saint-Lambert aus geht es über steile Gassen bergauf einem Aussichtspunkt – ja, der Blick ist in der Tat spektakulär, die Stadt liegt unten im Dunst. Die Hauptattraktion aber ist die Treppe, die von hier aus hinunter in die Innenstadt führt, 364 Stufen über 260 Meter mit einem Höhenunterschied von 67 Metern. Gebaut wurde sie im 19. Jahrhundert, um den Soldaten einen besseren Zugang zur Stadt zu ermöglichen.
Unten gibt’s ein paar gemütlich aussehende Lokale, Antiquariate und am Marktplatz einen Weihnachtsmarkt, der mir zu lärmig ist. Vor ein paar Jahrhunderten haben die Bürger dieser Stadt einmal ihre Kathedrale abgerissen, auf dem ehemaligen Standort hat man die Grundrisse nachgezeichnet, drumherum sind Baustellen, der Busbahnhof und Einkaufszentren.
Ich überquere die Maas auf einer Fußgängerbrücke. Die Gegend auf der anderen Seite gilt als Szeneviertel, mit Gebäuden aus dem 19. Jahrhunderts und in der Tat recht vielen Restaurants, aber mir steht gerade nicht der Sinn danach.
Entlang des Flusses gibt es eine wunderschöne Promenade, die Bäume sind noch belaubt, herbstlich bunt. Am Ufer vertäut liegen Hausboote, und alte Flusschiffe, eines neben dem Anderen, manche schick hergerichtet, andere notdürftig restauriert und wieder andere in verschiedenen Stadien des Verfalls. Ein Boot hat sogar einen Garten. An Land natürlich.
Ich gehe weiter stromabwärts bis zu einer Landspitze, wo zwei Flussarme zusammentreffen und erst jetzt wird mir bewusst, dass ich mich auf einer Insel befinde.
Ich kehre um und gehe langsam zurück. Es beginnt zu dämmern, in der Stadt gehen die Lichter an, die Brücken sind bunt angestrahlt. Als ich mein Hotel erreiche, ist es längst dunkel. Irgendwo besorge ich mir eine Portion Pommes, dann ziehe ich mich aufs Zimmer zurück.