Von Budapest nach Arad: Willkommen in Rumänien!

In einer Stunde geht mein Zug nach Arad in Rumänien. Ich habe noch kein Ticket und bin mal gespannt, ob ich am Bahnhof noch rechtzeitig eins bekomme. Natürlich hätte ich es mir auch im Internet besorgen können, aber das wäre ja langweilig. Immerhin gibt’s Fahrkartenautomaten, die funktionieren auch einwandfrei, aber nur für Inlandsverbindungen. Im Reisezentrum, eine Etage tiefer, muss man Wartezummern ziehen, aber dann geht’s ziemlich rasch, und ich bekomme eine richtige Fahrkarte aus Papier in einem Umschlag. Es bleibt noch Zeit für einen Cappuccino im Café gegenüber.
Zwanzig Minuten später stehe ich am Bahnsteig. Vor mir eine nostalgische blaue Elektrolokomotive, dahinter vier blaue Wagons, klimatisierte rumänische Großraumwagons, die Sitzpolster ein bisschen abgeschabt, die Gardinen ein bisschen ausgebleicht, aber sonst alles in Ordnung, bequem und sauber.
Gemächlich geht es durch die Vororte von Budapest, Bahnhöfe mit langen Namen und vielen ö’s, dann zügig durch die ungarische Tiefebene und dann erreichen wir auch schon die Grenzstation Lőkösháza: zwei breite, menschenleere Bahnsteige. Die beiden ungarischen Wagons werden abgekuppelt, die beiden rumänischen Wagons bleiben ohne Lokomotive stehen, die Klimaanlage hört zu rauschen auf und es wird minütlich wärmer im Zug. Ein paar Eisenbahner wuseln draußen herum. Und dann passiert erstmal nichts.
Nach einer guten halben Stunde geht es dann weiter. Draußen hoppelt ein Hase über ein abgeerntetes Kornfeld, dann noch einen und noch einen, und dann kommen Abstellgleise, Güterwagons und ein Bahnhofsgebäude.
Der Zug hält an. Nochmal eine Viertelstunde Aufenthalt. Grenzpolizisten steigen ein und kontrollieren Ausweise. Ich muss alle Uhren umstellen, hier in Rumänien ist es schone eine Stunde später als in Ungarn.
Der Zug fährt wieder los, fährt noch ein paar Minuten, dann sind wir in Arad. Mehrere Eisenbahner umringen den Zug und begrüßen einander mit Handschlag. Ankommende werden von ihren Freunden und Angehörigen begrüßt.
Eine Rolltreppe führt hinauf in einen klimatisierten Übergang und eine weitere Rolltreppe führt hinunter in die Bahnhofshalle.
Neugierig trete ich auf den großen, leeren Bahnhofsplatz hinaus. Rechts steht eine alte Dampflokomotive, dahinter müsste ein Einkaufszentrum sein – sagt mir Google – während die Innenstadt ein oder zwei Kilometer weiter nach links liegt, dahin kann man mit der Straßenbahn fahren. Aber wie komme ich an ein legales Ticket? Es gibt zwar einen Automaten, aber die Menüführung verstehe ich nicht, und ein junges Paar versichert mir, dass die Dinger meistens sowieso nicht funktionieren. Eine Bahn kommt, ich steige ein und kann tatsächlich per Handy ein legales Ticket erwerben. Ich finde mein Hotel, checke ein und mache mich gleich wieder auf in die Stadt. Sobald ich die klimatisierte Halle verlasse, schlägt mir glühend heiße Luft entgegen.
Die wichtigsten Sehenswürdigkeiten von Arad sind eine Reihe von Prachtbauten aus dem 19. Jahrhundert, die an einem breiten Boulevard entlang aufgereiht sind. Die breite Straße hat einen grünen Mittenstreifen mit schattigen Bäumen, da fahren Straßenbahnen, aber es gibt keinen Fußweg, stattdessen eine Stichstraße mit Parkplätzen. Ich bin der einzige Mensch, der zu Fuß unter den Bäumen entlang geht. Überhaupt sind um diese Zeit kaum Menschen unterwegs, dafür aber viele Autos.
An einem Automaten der Bank von Transylvanien (die heißt wirklich so) versorge ich mich mit Bargeld. Dann begebe ich mich zurück zum Bahnhof, um mir für morgen ein Ticket nach Sibiu, meiner nächsten Station, zu besorgen. Es gibt nämlich nur einen einzigen brauchbaren Zug, und der ist reservierungspflichtig.
In der Bahnhofshalle gibt es kein Reisezentrum, sondern eine Reihe von Fahrkartenschaltern mit kleinen Fensterchen in der Wand, mindestens 4 Stück, gleichmäßig über beide Seiten der Halle verteilt. Vor jedem Fensterchen steht eine Warteschlange, man muss sich für eine Schlange entscheiden und dann auf sein Glück vertrauen. Bei mir dauert es zwar eine Weile, aber dann bekomme ich mein Ticket ohne Probleme.
Ich erkunde die Stadt: in der Nähe des Bahnhofs gibt’s mehrere Spielhallen und kleine Geschäfte aller Art, am Anfang des Boulevards steht eine eindrucksvoll große, recht neue orthodoxe Kirche und ein Stück weit hinter dem strahlend weißen Rathaus beginnt ein Park, der sich am Ufer des Flusses – der Mureș (auf deutsch: Marosch) – entlangzieht. Eine Fußgängerbrücke führt hinüber auf die andere Seite, aber da gibt’s nicht viel zu sehen.
Am Stadt-seitigen Ufer finde ich einen Biergarten. Ich bestelle ein Ursus Extra, dazu Pommes und Salat und nehme mir Zeit, um anzukommen.
Später gehe ich noch einmal am Fluß entlang, einmal die Uferpromenade auf und ab, und in der goldenen Abenddämmerung genieße ich vom Balkon meines Hotelzimmers den Blick über die Stadt. Ich gehe noch einmal den Boulevard entlang, die Hauptschlagader der Stadt zu einem kleinen Platz mit einer Grünanlage in der Mitte, drumherum eine Reihe von Lokalen.
Ich bin in einem fremden Land, über das ich noch so gut wie gar nichts weiß, aber diese Straße könnte sich genausogut in Südfrankreich, Italien oder Spanien befinden… ich bin gespannt auf dieses Land!

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