Overtourism in Cinque Terre: früher war es wunderschön

..und um es gleich zu sagen: die fünf Dörfchen sind auch heute immer noch wunderschön. Die Kulisse ist traumhaft, hinter jeder Ecke tut sich ein neues spektakuläres Fotomotiv auf. Dabei hat man die meisten Bilder schon oft gesehen, sie zieren Postkarten (weiß noch jemand, was das ist?), Kalender und Instagramkanäle.
Und dazu ist diese Gegend so herrlich einfach mit dem Zug zu erreichen, von Genua aus in knapp eineinhalb Stunden, von Pisa aus braucht man kaum länger. Und vor Ort ist der Zug mitunter die einzig sinnvolle Art und Weise um von Dorf zu Dorf zu gelangen. Der Zug braucht von Station zu Station nicht mehr als zwei bis drei Minuten, zu Fuß ist man mehrere Stunden unterwegs. Kurz und gut: Cinque Terre ist das ideale Bahnreiseziel.
Und genau das ist inzwischen mehr Fluch als Segen.
Vor zwanzig, dreißig Jahren war die Region an der ligurischen Küste fast noch ein Geheimtipp. Jetzt nicht mehr. Was die Anzahl der Besucher angeht, so kann es diese Gegend inzwischen locker mit Venedig, Rom oder Florenz mithalten, und das auf deutlich kleinerem Raum. Früher war die Region bei Wanderern beliebt: ein gemütlicher, fünfzehn Kilometer langer Pfad führte vom nördlichen bis zum südlichen Ende, kurz genug für einen entspannten Tagesmarsch. Jetzt ist der Weg an mehreren Stellen unterbrochen, einige Abschnitte sind seit Jahren gesperrt. Kassiert wird trotzdem.
Richtig gelesen: der Wanderweg ist seit einigen Jahren gebührenpflichtig, aktuell kostet es EUR 7,50 pro Tag oder EUR 18,20 inklusive einer Tageskarte für die Bahn. Bei Einzeltickets langt die Bahn übrigens richtig zu, das kostet jedes Mal 5 Euro, auch wenn man nur zwei Minuten lang ins Nachbardorf unterwegs ist (zum Vergleich: ein Ticket von Genua hierher kriegt man, wenn man Glück hat schon für EUR 8,40).


In der Hauptsaison gibt es auf den Wanderwegen Stau: lange Wartezeiten vor den Kassenhäuschen und dann geht’s im Gänsemarsch weiter, bis man dann vor den Aussichtspunkten Schlange steht, um sein Foto machen zu können, auf dem dann die bunten Häuschen vor blauem Meer zu sehen sind.
Seit Jahren wird darüber nachgedacht, ein System der „Besucherlenkung“ einzuführen, was vermutlich heißen wird, dass man irgendwann wird Eintritt zahlen müssen für die Dörfer und sich womöglich noch vorher anmelden. In den schicken Lokalen geht sowieso nichts ohne Voranmeldung. In einer wirklich legendären Location mit traumhaftem Blick kann man sich per App auf eine Warteliste setzen lassen, wird kontaktiert, wenn ein Tisch frei geworden ist und wenn man dann schnell genug da ist, darf man rein. Oder so ähnlich.
Inzwischen liest man auf den Blogs und Bewertungsportalen immer mehr negative Berichte. Trotzdem fährt man hin. Es ist einfach immer noch wunderschön dort.

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