In Güstrow soll es eine ganz nette Altstadt geben, heißt es, aber die werde ich wohl kaum zu Gesicht bekommen. Ich sitze im klaustrophobisch niedrigen Frühstücksraum, in einer Sitznische, umgeben von lauter Rentnern. Die Lautstärke ist hoch, die Luft ist muffig, aber das Buffet ist erstaunlich gut bestückt. Meine größte Sorge ist, wie ich von hier wegkomme – und als ich herausfinde, dass es einen Bus geben soll, packe ich meinen Kram rasch zusammen und mache mich auf den Weg.
Ein Haltestellenhäuschen aus Beton. Davor wartet ein Rentnerpaar: er mit Ledersandalen, kurzer Jeans, dünnem beigen Pullover, kurzgeschnittenem grauen Haar. Sie etwas fülliger, mit Handtasche in Form eines altmodischen Weckers, rund mit Zifferblatt und oben drauf zwei Dinger, die aussehen wie Glocken, daran der kurze Henkel. Sie wollen nach Rostock, sagt er mit rheinischem Akzent, da waren sie noch nie. Um 09:19 Uhr soll es einen Bus geben, den gibt’s aber doch nicht, er fährt heute erst eine halbe Stunde später, was aber nirgendwo steht. Später kommt noch ein junges Paar, beide tätowiert, dann noch mehr Leute und pünktlich um 09:43 Uhr auch der Bus. Vier Kilometer bis Güstrow, steht auf einem Schild an der nächsten Ecke. Soweit bin ich gestern gelaufen? Der Bus braucht zum Glück nicht ganz so lange.
Bahnhof Güstrow: Ladenlokale stehen leer, früher mal war Spielhalle, die gibt’s aber nicht mehr, allerdings gibt’s sogar noch ein Reisezentrum. Zwei Züge nach Rostock sind angeschlagen, der Spätere kommt vor dem Früheren an.
Ab Rostock muss ich wieder mit dem Bus fahren. Aber wo fährt der ab? Am Vorderausgang geht’s in Richtung „City“, aber da halten keine Busse. Am Hinterausgang sind Busse, aber nicht nach Bad Doberan und Kühlungsborn. Als ich endlich kapiert habe, dass ein paar Meter weiter noch ein eigener Busbahnhof ist, hätte ich den Bus fast verpasst.
Dann geht es ganz gemächlich durch die Stadt und über Land: die Entdeckung der Langsamkeit. Letzendlich sind es zwar nur 75 Kilometer, aber von Tür zu Tür bin ich drei Stunden unterwegs.
Mein Hotel liegt direkt an der Strandpromenade: kurz durchatmen und dann bei herrlichem Spätsommerwetter ans Meer…
Ich gehe die Strandpromenade entlang. Der Ort Kühlungsborn besteht eigentlich aus zwei Teilen mit einem Wäldchen dazwischen. Am Strand ist eine Menge los, das Wasser ist wohl noch warm genug zum Baden, nicht nur für abgehärtete Extremsportler.
Am westlichen Ortsteil gibt’s ein Riesenrad und ein paar schöne alte Villen. Ich folge der Promenade weiter nach Westen, sie wird zu einem Wanderweg und dann kommt eine Lagune, die ist Naturschutzgebiet und auch der Strand und die Dünen dürfen nicht betreten werden. Der Weg führt in weitem Bogen landeinwärts darum herum. Durch die Felder geht es zu einem kleinen Dorf – das Café ist leider geschlossen, es gibt nur noch einen Getränkeautomaten. Im großen Bogen geht es dann wieder an den Strand zurück und dann über einen wunderschönen schattigen Weg am Steilufer englang. Der Weg zieht sich.
Im Abendlicht erreiche ich endlich den Ort Rerik am Salzhaff. Am Haff-Ufer sind ein paar nette Lokale, aber ich suche die Bushaltestelle, und fahre zurück.
Es wird dunkel. An der Seebrücke in Kühlungsborn ist noch ein bisschen los, aber im Ort werden schon die Bürgersteige hochgeklappt.
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