Bayonne: In der Nacht hörte man noch Musik durch das offene Fenster, und Stimmengewirr vom Volksfest, irgendwann dann nur noch vereinzelte Lacher und dann ist Ruhe. Viel zu früh müssen wir aus den Federn, Sachen zusammenpacken und dann Frühstück im Morgengrauen auf der Terrasse direkt am Ufer.
Es ist angenehm frisch, mild, nicht kalt. Ein paar Tauben picken auf der Uferpromenade nach Körnern.
Ein Straßenreinigungsfahrzeug fährt über die Brücke, Menschen gehen vorbei, die Flaggen hängen jetzt schlaff von ihren Masten herab, der Inhaber schlurft über die Terrasse, mit einem Schlauch in der Hand, spritzt die Fliesen ab und sagt irgendwas zu mir auf Französisch. Ich verstehe maximal die Hälfte und nicke um so eifriger.
Der Adour gluckert. Nur wenige Kilometer von hier mündet der Fluss in den Atlantik, bei Flut wird das Wasser stromaufwärts gedrückt, dann sieht es aus, als stehe der Fluss still, es gibt so gut wie keine Strömung, nur ein paar kreisförmige Strudel, bei ablaufendem Wasser hingegen ist die Strömung umso stärker, da gluckert es dann an allen Ecken.
Ein Bus fährt am anderen Ufer vorbei. Ein Flugzeug startet in der Ferne. Ein Spaziergänger mit Hund geht am Ufer vorbei. Wolken im Westen. Blauer Himmel im Osten, der Morgen ist jetzt vollständig heraufgedämmert, es wird deutlich später hell als zu Hause, hier im tiefen Westen.
Andere Gäste kommen, setzen sich mit ihren Kaffeetassen, Baguette und Croissant nach draußen.
Wir brechen auf. Schnell nochmal aufs Zimmer, das Gepäck holen, dann auschecken und zu Fuß mit Rollkoffern im Schlepptau zum Bahnhof.
Der Zug kommt pünktlich. Aus der oberen Etage des Doppelstockzuges werfen wir noch einen letzten Blick auf die Türme der Kathedrale, über den Fluss bis zu den ersten – oder letzten Bergen der Pyrenäen im Hintergrund.
Jemand wuchtet ein zusammengeklapptes Fahrrad auf den Gepäckberg im Eingangsbereich. Kurzer Halt in Dax, dann weiter über das flache Land mit den endlosen Kiefernwäldern, zwischendurch noch das eine oder andere Gebäude im baskischen Stil – weiße Wände mit dunkelrotem oder rotbraunem Fachwerk – aber wir sind hier ja gar nicht mehr im Baskenland, sondern in der Gascogne.
Der Himmel ist grau, weißlichgrau, wie im Herbst, aber ich weiß, dass es draußen vermutlich warm ist, das täuscht, denn der Zug ist natürlich klimatisiert, hier drinnen ist es kühl.
Nach einer guten Stunde erreichen wir die ersten Außenviertel von Bordeaux, dann längerer Halt in Bordeaux-Saint-Jean, hier wird ein zweiter Zugteil angehängt und dann geht es Non-Stop nach Paris. Landschaft fliegt vorbei, mal Wald, mal Felder, mit annähernder Lichtgeschwindigkeit, zweieinhalb Stunden lang, dann sind wir da.
Paris Montparnasse. Aussteigen. Den langen, langen Bahnsteig lang, an der in Bordeaux angekoppelten zweiten Zughälfte vorbei in die wuselige Bahnhofshalle.
Ich bin nervös. Rolltreppen runter, in den Metro-Bereich, Schlangen vor den Ticket-Automaten – aber zum Glück haben wir unsere Metro-Tickets schon auf der Hinfahrt besorgt. Auch vor den Sperren staut es sich. Komme ich da mit dem Gepäck durch?
Klappt alles. Dann die ewig langen Gänge entlang, über einen Fahrsteig, dann wieder ein Gang, Treppen rauf und Treppen runter.
Die Metro ist brechend voll und die Fahrt kommt mir ewig vor.
Endlich am Gare de l’ Est, hoch in die Bahnhofshalle. Jetzt haben wir Zeit.
Zwei Euro fünfzig für einen Pappbecher-Espresso. Erst zwanzig Minuten vor Abfahrt wird bekannt gegeben, an welchem Bahnsteig der Zug steht, aber wer sich auskennt weiß, dass die Züge in Richtung Deutschland ganz rechts außen abfahren.
Einsteigen. Der Zug ist voll besetzt. Es geht los, weiter rasend schnell durch Frankreich, mal Wald mal Felder, keine wirklich bemerkenswerte Landschaft, darüber eine geschlossene Wolkendecke.
Um viertel vor vier sind wir dann in Strasbourg. Hier wird der Zug deutlich leerer. Weiter geht’s, der Zug überquert den Rhein, ich bin wieder in Deutschland, bald wieder zu Hause.