Als die Cinque Terre fast noch ein Geheimtipp waren (Mai 2000)

Nach zweieinhalbstündigem Flug komme ich in Genua an. Mein kleiner Rucksack geht als Handgepäck durch, mehr habe ich nicht dabei, also brauche ich nicht bei der Gepäckausgabe zu warten und stolziere direkt durch die Passkontrolle nach draußen. Ein Bus bringt mich in die Innenstadt. Am Bahnhof Piazza Principe steige ich aus, gehe hinunter zu den Gleisen und trinke einen Cappuccino. Da bin ich also. Angekommen. In Italien. Und jetzt?
Ziellos streife ich durch die Stadt, entdecke eine Zahnradbahn und fahre hinauf auf einen Aussichtsberg und wieder hinunter, streife durch enge Straßenschluchten zwischen irrsinnig hohen alten Wohnhäusern hindurch, lande in der Hafengegend und im modernen Geschäftszentrum, esse ein Eis an einer lärmigen Straßenkreuzung und finde mich schließlich auf dem Bahnhofsplatz von Brignole – dem zweiten Hauptbahnhof der Stadt – wieder. In der Halle ist ein Fahrkartenautomat. Das ganze Land steht mir offen und Bahnfahren ist erstaunlich billig.
Ich muss eine Entscheidung treffen. Und das habe ich bald getan: heute noch in die Cinque Terre und morgen Abend weiter mit dem Nachtzug nach Salerno.
Cinque Terre, das war damals fast noch ein Geheimtipp: Fünf Dörfer am Meer, Jedes in einer eigenen Bucht, voneinander getrennt durch steile Klippen und hole Berge, miteinander verbunden durch die Bahnlinie, die hier zu einer Art U-Bahn wird: aus dem Tunnel ins Dorf, dann wieder Tunnel und das nächste Dorf. Die Täler so schmal, dass die Bahnsteige manchmal von Tunnel zu Tunnel reichen. Wunderschöne Wanderwege führen über die Berge hinweg an der Küste entlang und zurück gelangt man innerhalb weniger Minuten mit der Bahn. Da will ich jetzt hin!
Der Regionalzug braucht weniger als eineinhalb Stunden und schon die Anreise ist wunderschön: immer wieder sieht man das blaue Meer am Zugfenster durchblitzen, dann kommen Felsen, kleine Orte mit Kirchlein und Bahnhöfen, Tunnel und wieder das Meer.
Mein Reiseführer nennt mir eine handvoll günstiger Hotels, aufs Geratewohl marschiere ich zum Erstbesten und bekomme tatsächlich ein Zimmer (undenkbar heutzutage ohne Vorausbuchung!) zu einem passablen Preis. Halbpension inklusive, nicht verhandelbar. Nach einem ersten Spaziergang durch das Dörfchen finde ich mich als zum Abendessen ein, goutiere Gnocci mit Pesto, dazu ein Glas Weißwein und danach ist eigentlich nicht mehr viel los.
Am nächsten Morgen mache ich mich auf den Weg zu einer Wanderung über den legendären Küstenpfad, der die Dörfer miteinander verbindet. Steil bergauf geht’s, anfangs noch kühl, später dann glühend heiß, durch Weinberge und der Ausblick aufs Meer, die Küste, die romantischen Dörfchen mit den pastellfarbenen Häuschen ist in der Tag spektakulär. Als es Abend wird, wandere ich das letzte Stück, die „Via Amore“, den in die Felsen gehauenen und recht ebenen Weg zwischen den beiden südlichsten Dörfern.
Erschöpft steige ich in Riomaggiore in den Zug nach Pisa

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