Sylt per E-Bike erkunden – eine tolle Idee, aber nicht ganz ohne Tücken

Eigentlich ist alles ganz logisch: wenn man die Insel Sylt erkunden will, dann ist das E-Bike das Mittel der Wahl. Die Insel ist von Norden nach Süden ungefähr vierzig Kilometer lang, macht achtzig Kilometer hin und zurück oder zweimal vierzig, wenn man von Westerland aus – ungefähr in der Mitte gelegen – startet.
In touristischen Publikationen fehlt es auch nicht an entsprechender Werbung und Hinweisen.
Das Mieten eines Rades klappt tatsächlich problemlos und völlig unkompliziert, auch im Winter in absoluter Nebensaison. Fahrradverleihe findet man an jeder Ecke – zum Beispiel um den Bahnhof herum, billig ist es nicht unbedingt, aber billig ist gar nix auf Sylt, die Preise sind relativ einheitlich.
Nur der ganz toll beworbene, Mercedes gesponsorte – Verleih funktioniert nicht im Winter.
Dann also los. Westerland ist jetzt aus Fahrradperspektive erstmal eine ganz normale Kleinstadt, mit Autoverkehr wie überall im Land. Spezielle Fahrrad-Wegweiser finde ich erstmal nicht und lande demnach auch erstmal auf der breiten, viel befahrenen Autostraße, auf der Fahrräder verboten sind.
Erst nach einer Weile finde ich die alte Inselbahn-Trasse, die eine fast durchgehende Nord-Süd-Verbindung als Fahrradweg darstellt – aber halt eben nicht im Stadtgebiet von Westerland. Es gibt Stichstrecken zu den Strand-Zugängen und Fahrrad-Abstellmöglichkeiten, die sind allerrdings nicht überdacht und es gibt auch selten wirklich gute Fahrradständer – dafür viel Platz für Autos und überall große Parkplätze. Im Gegenzug fehlt nirgendwo der Hinweis, dass auf den kleineren Wege durch die Dünen und zum Strand Fahrräder streng verboten sind. Meistens darf man mit dem Rad bis zum Kassenhäuschen, welches den Strand-Zugang markiert.
Wunderschön ist der Fahrradweg durch die Dünenlandschaft zwischen Kampen und List, insbesondere durch das Klappholztal. Von List zum Weststrand führt eine schmale Straße mit wenig Verkehr, diese ist für Fahrräder ideal geeignet. Zum berühmten Ellbogen – dem nördlichsten Punkt Deutschlands – führt eine Privatstraße, die ist für Autos und Motorräder mautpflichtig, für Fahrräder und Fußgänger jedoch nicht. Hier ist man als Radfahrer eindeutig im Vorteil.
Am Ellbogen gibt es mehrere große Parkplätze, aber kaum richtig guten Fahrrad-Abstellmöglichkeiten, die wackeligen Ständer sinken im Sand rasch ein und das Rad kippt um.
Ein wunderschöner Radweg führt am Südufer des Königshafens entlang auf dem Deich nach List.
Die Strecke von Westerland in Richtung Süden hingegen ist erstmal furchtbar: wieder einmal finde ich den Weg aus der Innenstadt nicht auf Anhieb, es ist nichts ausgeschildert. Ich lande auf einem nicht-asphaltierten Weg, wo mir ein wütender Jogger mit der Faust droht. Hinter Rantum gibt es dann wieder die alte Inselbahn-Trasse, die ist straßenunabhängig und führt landschaftlich reizvoll durch Dünenlandschaft an der Marsch-Seite am Rand von Marschwiesen entlang.
Kurz vor Hörnum hört die Trasse dann aber auf. Auf dem Rückweg kapiere ich, dass man in Rantum die Straßenseite wechseln muss, dann gibt es doch einen Radweg, der eine Strecke weit direkt an der Straße entlang führt (für beide Richtungen), dann kurz vor Westerland straßenunabhängig führt, dann aber in der Stadt plötzlich einfach so aufhört.
Immer wieder enden Radwege auch einfach so oder werden zu breiten Bürgersteigen – während die Autos viel Platz haben. Eine durchgehende Beschilderung fehlt. Unangenehm auch: Dort, wo der Radweg nah an der Straße verläuft, blenden Autofahrer im Dunkeln oft auf, dann ist man ziemlich geblendet.
Alles in Allem: es ist richtig, die Insel ist gut Fahrrad-geeignet, aber in der Verkehrsführung ist alles noch hauptsächlich auf Autofahrer eingestellt, spezielle Angebote für Radfahrer fehlen, insbesondere dann, wenn es auf Kosten von Autofahrern gehen könnte.

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